Wir über uns

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Die Idee

Täglich bewegen wir uns über lange oder kurze Strecken, benutzen Autos, Züge oder Fahrräder. Selbst der menschliche Traum vom Fliegen ist längst zur Normalität geworden. Unsere Reisen, Arbeitsplätze und soziale Beziehungen haben globale Maßstäbe erreicht. Viel zu selten sind wir uns dabei der Entscheidungen und Möglichkeiten bewusst, die unsere Mobilität ermöglichen und erfordern. Welche Transportmittel benutzen wir? Welche Alternativen haben wir Und welche Auswirkungen haben die verschiedenen Optionen auf die Umwelt? Wer hat Zugang zu welchen Transportmitteln? Und warum müssen wir uns eigentlich  über so große Distanzen fortbewegen?

„Mobilitätsfasten“

Dieser Blog begann mit der Idee, im Frühjahr 2014 über einen begrenzten Zeitraum unterschiedliche Perspektiven, Informationen und Anregungen zur Nachhaltigkeit von Mobilität zu sammeln. Die Fastenzeit ist ein befristeter Rahmen, in dem freiwillig verzichtet und eigenes Verhalten hinterfragt wird. Mit der Idee des Mobilitätsfastens wollten wir nicht zur Enthaltsamkeit aufrufen sondern unseren persönlichen Mobilitätshorizont erweitern. Ob allein, oder im Kollektiv, Gründe für Fasten können die Förderung der Aufmerksamkeit und Wahrnehmung, die Stärkung der Willenskraft  und die „Entgiftung“ von alten Gewohnheiten sein. Die Idee von Mobilitätsfasten ist es, unser Verständnis von Mobilität zu hinterfragen  und die Menschen in ihrem Wunsch nach einem ökologischen und sozial verträglichen Mobilitätsverhalten zu stärken. Wir glauben, dass aufgeklärter Konsum von Mobilität nötig ist. Neue intelligente Lösungen, Technologien und das Hinterfragen von unserem Mobilitätsverständnis sind die Lösung für unser heutiges „Mobilitätsdilemma“ und den Zwang zur Mobilität.

Der Zeitraum des Fastens ging zu Ende. Aber das „Mobilitätsfasten“ ist noch lange nicht vorbei! Statt Fastenbrechen wollen wir mit den neuen Erkenntnissen und dem neuen Wissen jetzt erst recht aufgeklärt mobil sein. Es ist großartig, dass sich auch Andere für eine nachhaltige Mobilität einsetzen. Unser Lernprozess der 46 Tage des „Mobilitätsfastens“ war der Anfang einer Reise, deren Ende im Ungewissen bleiben wird.

Unsere selbstverständliche Mobilität

Als wir den Samen zu diesem Blog säten, lagen zwischen uns hunderte Kilometer – Andrea in Indien, Miriam in Georgien und Hauke schon auf dem Weg von Tadschikistan nach Frankreich. Der Plan, das Projekt tatsächlich umzusetzen, keimte als Andrea in Leipzig, Hauke in Dresden und Miriam irgendwo zwischen Zürich und Granada war. Das erste Pflänzlein bekam seine Aufmerksamkeit aus Hamburg, Leipzig und Teneriffa und nun viele tausend Kilometer später hegen und pflegen wir es mal aus Venedig, mal aus Leipzig, Berlin oder Montpellier.

Ja, Mobilität ist ein Thema das uns alle beschäftigt. Sei es in der ständigen Konfrontation als Fahrradfahrer*in mit dem Berliner Auto-Chaos, beim Trampen durch Europa oder mit schlechtem Gewissen auf dem Billigflug nach Rom.

Wir gehören zu einer Generation, für die Mobilität zur Selbstverständlichkeit geworden ist. Auslandspraktika, exotische Reisen, Fernbeziehungen und Wochenendausflüge über große Distanzen sind zum Standard geworden. Doch diese große Freiheit ist nicht reines Vergnügen. Mittlerweile wird grenzenlose Mobilität gesellschaftlich erwartet. Ein Lebenslauf ist nutzlos ohne Auslandserfahrung, eine Reise an die Ostsee viel zu unspektakulär. Oft bleiben Freundschaften auf der Strecke, ein dauerhaftes Engagement wird erschwert. Diese Umstände wollen wir hinterfragen, uns unserer eigenen Verantwortung und gesellschaftlichem Druck bewusst werden und dazu aufrufen, gemeinsam für eine nachhaltige Zukunft aktiv zu werden.

Wir sind privilegiert

Unser „Mobilitätsdilemma“ ist global gesehen ein privilegiertes Problem. Heute sind nur etwa eine von sieben Milliarden Menschen „mobil“. Offensichtlich lebt diese Minderheit weit über ihre Verhältnisse hinaus. In den letzten Wochen und Monaten haben wir mit vielen Menschen über das Thema Mobilität gesprochen und diskutiert. „Mein Arbeitsplatz ist 40 km von zu Hause entfernt. Ich brauche mein Auto!“ oder „Denkt doch mal an die Leute, die auf dem Land wohnen. Wie sollen die ohne ihr Auto in die Stadt kommen?“ haben wir des Öfteren gehört. Da mussten wir an die sechs Milliarden Menschen auf diesem Planeten denken, von denen die wenigsten ein eigenes Auto besitzen. Die Freiheit, sich auf verschiedenste Weisen durch die Welt zu bewegen, ist den meisten Menschen nicht gegeben ist. Sei es aufgrund von fehlender Infrastruktur, Staatszugehörigkeit, Hautfarbe, Geschlecht, Behinderungen, finanzieller Armut – bei der Vorstellung von Mobilitätsalternativen auf unserer Seite versuchen wir dies mitzudenken und kritisch zu reflektieren.
In diesem Zusammenhang wird es auch notwendig sein, unser Verständnis von Mobilität genauer einzuordnen. Mobilität beziehen wir zunächst ausschließlich auf die Freiheit, sich mit unterschiedlichen Mitteln fortzubewegen. Damit berücksichtigen wir keine Formen erzwungener Mobilität, da das leider den Rahmen dieses Projektes sprengen würde. Aber es darf nicht missachtet werden, dass hunderttausende Menschen weltweit auf der Flucht sind – sozusagen zur Mobilität gezwungen.
Mit dem inzwischen abgeschlossenen Projekt des Mobilitätsfastens und nun mit dem Weiterführen dieses Blogs hoffen wir, unser Verständnis von Mobilität weiter zu schärfen und besser reflektieren zu können.

Macht mit!

Nicht nur da das Thema nachhaltiger Mobiltität stetig in Bewegung ist, verstehen wir unseren Blog als einen unfertigen Lernprozess, der ständig neuer Beiträge, Kommentare, Kritik und Reflektion bedarf. Werdet Teil davon, in dem ihr uns schreibt, kommentiert und weiterhelft!

Und schließlich wollen wir noch mal die Gelegenheit nutzen und uns bei allen bedanken, die sich bisher durch ihre Beiträge und Anregungen an diesem Blog beteiligt haben.

 

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Und nun könnt ihr in einem (hinterlistig gefälschten) Interview lesen, wer hier bloggt.

Am ersten Tag des Mobilitätsfastens haben wir uns selbst die Frage gestellt, wie wir auf das Thema Mobilität gekommen sind. Hier ein kleines Interview (s.o.) mit uns selbst!

Miriam, wie bist du eigentlich zu dem Thema Mobilität gekommen und warum denkst du, dass mehr Leute darüber Bescheid wissen sollen?

Aaaalso liebe Andrea, lieber Hauke und liebe Leser*innen:

Vor allem weil mich diese Autos nerven! Ich weiß – Autofahren ist bequem, praktisch und macht auch Spaß (ja, mir auch manchmal…) – aber mir macht es absolut keinen Spaß mehr, wenn ich mich täglich zu Fuß oder mit dem Fahrrad durch diese Blech-Massen kämpfen muss, wenn ich bei Schritt und Tritt Abgase einatme, wenn ich immer Angst haben muss, dass sich vor mir auf der Straße eine Autotür öffnet und ich in hohem Bogen darüber fliege…und dann ist nicht mal Ruhe, wenn ich irgendwo ankomme. Fenster aufmachen heißt immer auch Lärm reinlassen. Autolärm. Das klingt vielleicht sehr plakativ, aber wie kann es sein, dass Straßenmusiker*innen Bußgeld zahlen und Autos Tag und Nacht herumquietschen dürfen? Mal ganz zu schweigen davon, dass sie das Bild der Stadt bestimmen – 50 Millionen PKW stehen 23h am Tag herum und besetzen den öffentlichen Raum. Ich hätte gerne einmal Urbanität ohne Autos bitte!

Miriam (wohnt in Berlin und versucht beim Mobilitätsfasten herauszufinden, wie sich Autos ersetzen oder zumindest reduzieren lassen)

Hauke, wie steht es mit dir? Was denkst du über Mobilität?

Letzten Sommer habe ich mein Studium beendet und für drei Monate ein Praktikum bei einer Organisation in Tadschikistan gemacht, die sich für einen ökologisch nachhaltigen Tourismus zum Wohl der lokalen Bevölkerung einsetzt. Während meiner Arbeit musste ich mir irgendwann die Frage stellen, ob es so etwas wie einen ökologischen oder sozial verträglichen Tourismus überhaupt geben kann. Schließlich waren es hauptsächlich Europäer oder Amerikaner, die es sich leisten können, Urlaub in Tadschikistan oder generell in fernen Ländern zu machen. Meistens sieht es doch so aus. Wir arbeiten einige Monate hart, in einigen Fällen bis zur totalen Erschöpfung. Dann haben wir zehn bis vierzehn Tage Urlaub, in denen wir etwas Tolles, Außergewöhnliches machen wollen, etwas Neues entdecken, dem Alltag entfliehen und danach unseren Freunden berichten, was wir großartiges erlebt haben. Und wie kommen innerhalb unseres kurzen Urlaubs an die fernen Urlaubsparadiese? Mit dem Flugzeug. Ich hoffe, ihnen ist der Begriff des CO² Fußabdrucks bekannt? Wenn nicht, dann hier der Link zu Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/CO2-Bilanz. Der international angestrebte für das Klima „noch verträgliche“ Kohlendioxid-Ausstoß ist 2,5 Tonnen CO₂-eq pro Kopf und Jahr. Als ich für meine Reise nach Tadschikistan meine CO²-Bilanz ausrechnete, musste ich feststellen, dass ich mein ganzes Kontigent für dieses Jahr auf einen Schlag verbraucht hatte. Kann es sowas wie nachhaltiges Reisen in ferne Länder geben? Zumindest nicht mit dem Flugzeug! Wer kann sich Fliegen heute leisten? Das sind die Menschen in den wirtschaftlich gut aufgestellten Industrienationen und eine Minderheit in den Ländern des Südens. Man stelle sich die Auswirkung auf das Klima vor, wenn die Mehrheit, die sechs Milliarden, die heute nicht das Privileg des Fliegens genießen dürfen, ebenfalls in den Flieger steigen wollen?

Hauke Ebert (studierte angewandte Rechtswissenschaft an der TU Dresden)

Andrea, was motiviert dich, am Projekt „Mobilitätsfasten“ mitzuwirken?

Mobilität interessiert mich besonders im Zusammenhang von städtischen Räumen. Wie kann es sein, dass Räume, in denen so viele Menschen leben, in so großem Maße von Autos dominiert werden? Wie sähe eine Stadt aus, in der Menschen gehen dürfen, wo sie wollen, in denen keine Parkplätze öffentlichen Raum verunstalten, in denen wir keine Abgase einatmen? Wie bewegen sich Menschen, wenn nicht mehr zwischen Autobesitzenden und Autolosen unterschieden wird, und die daraus resultierenden Machtverhältnisse verändert werden? Es gibt viele spannende Erkenntnisse, Initiativen und Ideen, die sich mit realistischen Alternativen auseinandersetzen. Diese Entwicklungen sollten mehr Gehör finden und stärker unterstützt werden. Ein Umdenken wird im Laufe des Klimawandels immer dringender und sollte schneller passieren, als wir es uns im Moment zu leisten versuchen.

Andrea Büermann (setzt sich nicht nur im Studium intensiv mit Nachhaltigkeit auseinander und möchte ihr exzessives Reiseverhalten überdenken)

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*Hier geht es zu unserem kurzen Fragebogen, um eure Meinung zu unserem Blog zu erfahren!*

2 Antworten zu “Wir über uns

  1. Moinmoin. Eine sehr gute Idee. Ich bin gespannt, was Ihr so zusammentragt. Ich finde, dass einem die quantitativen Unterschiede meistens überhaupt nicht bewusst sind (Vielleicht findet Ihr da ja noch bessere Beispiele).

    „Beim Reisen mit dem Flugzeug, produzieren wir 380 g CO2 pro km. Eine Flugzeugreise erzeugt 153 Prozent mehr CO2-Emissionen als eine PKW-Reise und 950 beziehungsweise 1900 Prozent mehr CO2 als eine Reise mit der Bahn beziehungsweise dem Bus.“
    (http://www.co2-emissionen-vergleichen.de/verkehr/CO2-PKW-Bus-Bahn.html„)

    Für einen Hamburger macht die Entscheidung zwischen einer Busreise an die Ostsee und einem Flug nach Malle also mal eben einen Faktor 388 in der CO2 Produktion aus. Und die Fischbrötchen sind in Scharbeutz eh besser 🙂

    VG,
    Jens

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